„Die Polnischen Kapo waren am grausamsten – sie vergewaltigten jeden: Kinder, Männer, Frauen. In einem Vorfall waren alle Frauen gestorben und sie vergewaltigten die Kinder in der Nähe der Leichen ihrer Mütter.“
– Yitzhak Yacobi, Überlebender des Todeslagers Auschwitz-Birkenau
„.. Es war eiskalt (auf dem Todesmarsch), ich trug einen Pyjama, und Holzschuhe. Wir liefen durch ein Polnisches Dorf, alle Polnischen Einwohner waren draußen, schauten zu, lachten, spuckten und verfluchten uns.“
– Yitzhak Yacobi, Überlebender des Todeslagers Auschwitz-Birkenau
„Ich lebte in Warschaus jüdischem Bezirk, welcher zu einem Ghetto wurde. Eines Tages schaffte ich es zu entkommen, um nach Essen zu suchen. Polnische Männer sahen mich und fingen an zu rufen: ‚Jude, sie ist ein dreckiger Jude‘, und riefen die Nazis.
– Eliza Vitis-Shomron, Holocaustüberlebende
„Als wir nach dem Krieg zurückkamen, verspotteten uns die Polen, machten sich über uns lustig: „Was, so viele von euch sind übrig geblieben, warum haben sie euch nicht auch umgebracht?“
– Ester Liber, Holocaustüberlebende
„Ich habe Treblinka überlebt, mindestens 15.000 aus meiner Stadt überlebten nicht. Ich kehrte zurück, und sah, dass mein Haus verwüstet war und von Polen übernommen wurde. Sie bedrohten mich und weigerten sich, mir meine Sachen, meinen Besitz zu geben, und ich ging fort…“
– Yaakov Zilbershtein, Holocaustüberlebender
Quelle: https://www.yediot.co.il/articles/0,7340,L-5077049,00.html
Dies sind Zeugnisse von Holocaustüberlebenden, die nicht nur unter Nazi-Deutschen, sondern auch polnischen Zivilisten gelitten haben. Viele hunderte dieser Zeugnisse existieren – und noch viele mehr existieren nicht, weil die Stimmen der Opfer zum Schweigen gebracht wurden, noch lange bevor irgendjemand wusste und verstand, was in Europa vor sich ging.
Ja, wir Deutschen, und ich schreibe als Deutsche, haben diesen schrecklichen Albtraum erschaffen und in abstoßender Treue zum Detail durchgeführt, und ja, wir sind schuldig. Nicht nur des Quälens und Tötens von Millionen von Juden, sondern auch des Besetzens von Land, das uns nicht gehört, und darin, unsere Nachbarn zur Kollaboration mit uns zu zwingen und sie zu ermorden.
Aber – Antisemitismus war nicht nur auf Deutschland beschränkt; es war eine Krankheit, die über ganz Europe verstreut war, genährt durch Hetzschriften wie „Die Protokolle der Weisen von Zion“: Gelesen und geglaubt auf dem ganzen Kontinent, obwohl schon 1921 von der Times als Fälschung widerlegt.
Antisemitismus hatte sich auch in Polen ausgebreitet, weit und tief – und es muss erlaubt sein, diese Tatsache auch öffentlich zu diskutieren.
Polens neues Holocaust Gesetz
Wenn das neue polnische Gesetz, welches am Freitagabend verabschiedet wurde, unterzeichnet und aktiv wird, würde ich mich mit der Veröffentlichung der obigen Überlebenden-Zeugnisse strafbar machen. Das Gesetz macht das Erwähnen von polnischer Mittäterschaft an den Verbrechen des Holocaust strafbar – mit einem Strafmaß von bis zu 3 Jahren Gefängnis. Das Gesetz wurde passend zum Internationalen Holocaustgedenktag verabschiedet.
Es gibt einen Aspekt des Gesetzes, welcher nachvollziehbar ist: Das Verwenden des Ausdrucks „polnisches Konzentrationslager“ wird verboten. Verständlich, denn die Lager waren deutsch, nicht polnisch, und wurden auf besetztem polnischem Gebiet errichtet. Doch kritisch ist die Kriminalisierung an sich und das hohe Strafmaß.
Dass jegliches Erwähnen von polnischer Mitschuld an Holocaust-Verbrechen unter Strafe gesetzt wird, ist hochgradig beunruhigend, um nicht zu sagen, ungeheuerlich.
Das Veröffentlichen von polnischen Holocaustverbrechen wird unter Strafe gesetzt
Dr. David Silberklang, Historiker am Internationalen Institut für Holocaustforschung und Chefredakteur der Yad Vashem Studies, fasst es folgendermaßen zusammen:

„Im Grunde genommen schreibt das Gesetz die Geschichte um und verändert Holocaustgeschichte in eine polnische Narrative, eine Art von Mythos, dass jeder in Polen während dieser Zeit unschuldig war und versucht hat, Juden zu retten. […] Der Kern des Gesetzes zielt darauf ab, Diskussion über die Beteiligung von polnischen Menschen während dem Holocaust an der Verfolgung und Ermordung von Juden einzudämmen, oder gar zu verhindern.“
Natürlich, es waren nicht alle polnischen Menschen bei der Verfolgung von Juden involviert, und es gab viele, die versuchten, Juden zu retten. Fast 7,000 polnische Staatsbürger wurden zu Gerechten in den Nationen erklärt – als Menschen, die ihr Leben riskiert haben bei dem Versuch, Juden zu retten. Viele haben es geschafft, und manche haben mit ihrem Leben bezahlt. Das ist sehr wahr und muss unterstrichen werden.
Aber das Bild ist nicht schwarz-weiß. Und die Diskussion über das Mitwirken von Polen – und anderen Nationen – in den Verbrechen des Holocaustes darf nicht zum Schweigen gebracht werden. „Es ist belegt„, so Silberklang, „dass viele polnische Menschen, und auch der polnische Untergrund, versucht haben, Juden zu schaden oder zu ermorden. Nicht immer waren Deutsche bei diesen Morden involviert. Das neue Gesetz versucht, die Diskussion über diesen Aspekt der Geschichte komplett zu blockieren.“
„Obwohl das Gesetz explizit die strafrechtliche Verfolgung im Kontext von Forschung und akademischer Arbeit ausschließt, schließt es nicht die Arbeit von Wissenschaftlern in anderen Kontexten aus.“ – zum Bespiel das Publizieren von Forschungsergebnissen in nicht-akademischen Umgebungen. Außerdem sind „Lehrer und die Bildung an sich nicht von diesem Gesetz ausgenommen“, was bedeutet, „dass sie nicht die Wahrheit unterrichten können.“
„Deshalb“, so Silberklang, „ist es ein undemokratisches Gesetz, ein gefährliches Gesetz, welches der Realität ins Gesicht steht und den Holocaust verdreht. […] Es verleugnet nicht, dass der Holocaust geschah, aber es verleugnet wichtige Aspekte der Geschichte.“
Gesetz wurde mit überwältigender Mehrheit verabschiedet und gilt weltweit, wenn unterzeichnet
Das Gesetz wurde mit 279 Stimmen dafür, 130 Enthaltungen und nur 5 Stimmen dagegen verabschiedet. Das bedeutet, dass 2/3 dafür gestimmt haben, und von denen, die ein Problem mit dem Gesetz haben, nur 5 den Mut hatten, dagegen zu stimmen. Da der polnische Präsident Andrzej Duda den Geist des Gesetzes unterstützt, ist die Unterzeichung und entgültige Verabschiedung sehr warscheinlich.
Das umstrittene Gesetz würde weltweit gelten. Egal, von welchem Ort aus jemand etwas über polnische Beteiligung am Holocaust sagt, würde er sich im polnischen Rechtsystem strafbar machen und legal verhaftet werden können, sobald er polnischen Boden betritt.
Aktuelle Forschung über polnische Beteiligung am Holocaust
„Es ist unumstritten, dass Polen als Staat und Nation Opfer von Nazideutschland war und vollkommen in seinen menschlichen und natürlichen Ressourcen ausgenutzt wurde. Um die 2 Millionen polnische Christen wurden unter dem Naziregime ermordet. Das würde nie jemand in einer öffentlichen Diskussion oder in der Forschung anzweifeln. Jedoch, und da gibt es auch keinen Zweifel, zeigte die polnische Regierung, die sich damals im Exil befand, mit der Zeit gemischte Reaktionen über die Verfolgung von Juden – manchmal energisch, manchmal fast gar nicht. Der polnische Untergrund tendierte dahin, den Juden nicht zu helfen, in keiner Art und Weise, oder sich denen entgegenzustellen, welche versuchten, Juden umzubringen“, erklärt Silberklang.
„Die Forschung aus den vergangenen Jahren zeigt, dass in ganz Polen – in verschiedenen Teilen und Bezirken, ländlichen oder städtischen Nachbarschaften – die lokale polnische Bevölkerung in großflächigen Aktivitäten Juden jagte, an die Nazis übergab oder selbst umbrachte. Viele polnische Menschen machten in der Verfolgung und Ermordung von Juden mit. Natürlich hatten viele Angst davor, Juden zu helfen, denn das konnte mit dem Tod bestraft werden. Aber es gab auch Menschen – und das waren wesentlich mehr – die nicht nur Juden verrieten, sondern sie auch jagten, erpressten und oft auch selbst töteten.“
Das Gesetz, wenn es unterschrieben wird, stellt die Veröffentlichung dieser und ähnlicher Forschungsergebnisse im nicht-akademischen Umfeld unter Strafe. Das heißt, diese Fakten könnten nicht ohne straftrechtliche Konsequenz in Schulbüchern gedruckt werden, in Klassen unterrichtet, in der Zeitung gedruckt, in öffentlichen Diskussionen erörtert oder im Fernsehen ausgestrahlt werden. Die öffentliche Diskussion wird komplett unterdrückt. Das ist ein Schlag ins Gesicht für all diejenigen, die den Holocaust in Polen überlebt haben und all die schrecklichen Dinge sehen und durchleiden mussten. Und viel mehr noch eine Schande für das Andenken derer, die es nicht überlebt haben – aufgrund von deutscher und polnischer Gewalt.
Reaktionen in Israel auf das Gesetz
Der israelische Premierminister sowie zahlreiche Minister in seinem Kabinett, und Mitglieder der Knesset, darunter auch arabische Mitglieder, haben das Gesetz öffentlich verurteilt. Konkrete Maßnahmen, wie darauf reagiert wird, sind in der Planung.
Auch Yad Vashem lehnt das Gesetz ab und stellt sich entschieden dagegen. Direkte Maßnahmen werden in Kürze diskutiert.